Artikel: sportärztezeitung 01/22 von Prof. Dr. Henning Wackerhage, Marie Heiber, Frederik Hölzl , Marius Meinhold
Die Deutschen altern: Derzeit sind 16 Millionen der 83 Millionen Deutschen über 67 Jahre alt und es wird prognostiziert, dass die Zahl der über 67-jährigen bis 2035 um 22 % auf 20 Millionen ansteigt (Daten Statistisches Bundesamt). Ein Problem, das im Alter auftritt, ist das Muskelaltern, für das Irwin H. Rosenberg 1988 den Begriff „Sarkopenie“ vorgeschlagen hat.
Fachartikel von von PROF. DR. HENNING WACKERHAGE, MARIE HEIBER, FREDERIK HÖLZL , MARIUS MEINHOLD – sportärztezeitung 1/22
Alterserkrankung der Muskulatur, die effektiv vermieden und behandelt werden kann
Der Begriff „Sarkopenie“ ist von griechisch Sarx „Fleisch“ und Penia „Verlust“ abgeleitet [1] und wird heute zumeist verwendet, um zwei Dinge zu benennen:
- Altersphänomen: Rückgang von Muskelmasse, Kraft und Schnellkraft
- Diagnostizierbare Muskelkrankheit (ICD-Code 62.50)
Warum ist Sarkopenie eine ernstzunehmende Erkrankung? Sarkopenie lässt uns älter aussehen, macht uns gebrechlich, reduziert die Mobilität (z.B. Rollator-Abhängigkeit), erhöht das Risiko von Stürzen [2, 3], von Abhängigkeit und von einer Einlieferung ins Alters- oder Pflegeheim. Sie ist zudem mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert [4]. Aufgrund all dieser mit Sarkopenie assoziierten Probleme und Folgen ist es wichtig, dass ernsthaft damit begonnen wird, diese Erkrankung in der ärztlichen Routine zu diagnostizieren, zu vermeiden und zu behandeln. Ein Diagnoseschema für Sarkopenie ist in der Abbildung dargestellt. Konkret wird bei der Sarkopenie-Diagnose mit dem SARC-F-Fragebogen zuerst geprüft, ob die Patienten Probleme mit der Kraft, beim Gehen, Aufstehen oder Treppensteigen haben oder gestürzt sind [6]. Ab 4 Punkten im SARC-F-Fragebogen soll ein Griffkraft-Test oder ein Stuhl-Aufsteh-Test durchgeführt werden. Ist die Griffkraft unter 27 kg bei Männern oder unter 16 kg bei Frauen und/oder brauchen die Patienten mehr als 15 Sekunden, um fünfmal von einem Stuhl aufzustehen, dann kann „Sarkopenie wahrscheinlich“ diagnostiziert werden. Bereits bei dieser Diagnose sollten Patienten behandelt werden [6].
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Fazit und Forderungen
Zusammenfassend ist Sarkopenie ein Altersphänomen und eine Alterserkrankung, die einfach diagnostiziert, vermieden und mit Sarkopenie-Krafttraining und einer anabolen Ernährung behandelt werden kann. Dies geschieht derzeit zu wenig und daher fordern wir:
- Jeder Haus- oder Sportarzt sollte bei über 65-jährigen mit Muskel- oder Mobilitätsproblemen auf Sarkopenie testen und ab der Diagnose „Sarkopenie wahrscheinlich“ eine Therapie starten.
- Sarkopenie-Patienten sollten mit einem Sarkopenie-Krafttraining behandelt werden, das Alltagsfunktionen wie Gehen, Treppensteigen, Aufstehen und Tragen sowie Muskelmasse, Kraft und Schnellkraft verbessert und das Sturzrisiko reduziert sowie einer anabolen Ernährung mit mindestens 1,0 – 1,2 g Protein pro kg Körpergewicht pro Tag.
- Bei nicht-sarkopenen Senioren sollten Sie das WHO-Gesundheitstraining, eine Kombination von Ausdauer- und Krafttraining [7], zur Prävention von Sarkopenie und anderen Alterserkrankungen empfehlen.
- Sarkopenie sollte im Medizinstudium und bei der Ausbildung von Pflegern, Fitnesstrainern, Sportwissenschaftlern und anderen Gesundheitsberufen gelehrt werden. Eine Zusatzausbildung „Sarkopenie“ ist anzustreben.